Die Grundrente kommt!

Für uns war die Grundrente immer eine Frage des Respekts – für die Menschen, die jahrzehntelang die Leistungsträger unseres Alltags waren: für Frisöre, Lagerarbeiterinnen, Paketbotinnen, Verkäuferinnen und viele andere. Deshalb machen wir uns seit drei Legislaturperioden für die Grundrente stark. Gemeinsam mit den Gewerkschaften und mit der Unterstützung von vielen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben wir nun endlich unser Ziel erreicht, denn Lebensleistung verdient Anerkennung. 1,2 bis 1,5 Millionen Rentnerinnen und Rentner, die ein Leben lang gearbeitet, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt haben, werden mit der Grundrente im Alter mehr haben als die Grundsicherung. Das betrifft vor allem Frauen und Ostdeutsche.

Mit der Grundrente sorgen wir dafür, dass die Menschen sich auf das Kernversprechen des Sozialstaats verlassen können: Wer jahrzehntelang in die Rentenversicherung eingezahlt hat, soll im Alter besser dastehen, denn das ist eine Frage der Gerechtigkeit. Und weil es um die Anerkennung von Lebensleistung geht, wird die Grundrente ohne Antrag und ohne aufwendige Bedürftigkeitsprüfung ermittelt. Die Grundrente ist keine Sozialhilfeleistung – ganz im Gegenteil: Sie wird durch eigene Leistung erworben. Wer die nötigen Zeiten erworben und einen Anspruch auf Grundrente hat, bekommt sie – genauso wie die Rente – von der Deutschen Rentenversicherung automatisch ausgezahlt. So wird niemand zum Bittsteller. Damit die Ausgaben für die Grundrente nicht zu einem höheren Beitragssatz oder zu einem geringeren Rentenniveau in der Rentenversicherung führen, werden die hierfür erforderlichen Mittel insbesondere durch eine Anhebung des Bundeszuschusses zur Rentenversicherung aufgebracht. Zudem wird die lange schon nötige Finanztransaktionssteuer einen wichtigen Beitrag zur Finanzierung leisten. Somit ist die Grundrente überwiegend steuerfinanziert.

Wer bekommt die Grundrente?
Wer jahrzehntelang in die Rentenversicherung eingezahlt hat, hat künftig Anspruch auf die Grundrente, wenn ansonsten die Rente zu niedrig wäre.
Die Rente wird um einen Zuschlag erhöht, wenn die Versicherten mindestens 35 Jahre „Grundrentenzeiten“ vorweisen können – das sind Pflichtbeitragszeiten vor allem aus Beschäftigung, Kindererziehung und Pflegetätigkeit. Voraussetzung ist außerdem, dass der Durchschnittswert der Entgeltpunkte aus so genannten „Grundrentenbewertungszeiten“ des gesamten Versicherungslebens unter 80 Prozent des Durchschnittsverdienstes liegt. Es soll außerdem einen Übergangsbereich geben für diejenigen Rentnerinnen und Rentner, die knapp unter 35 Jahre gearbeitet und Beiträge gezahlt haben.

Nach Jahrzehnten der Arbeit, Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen soll jeder am Ende besser dastehen, als hätte er keine oder nur kurzzeitig Beiträge geleistet. 4 von 5 Berechtigten werden weiblich sein. Denn häufig haben Frauen der Familie wegen nur Teilzeit gearbeitet – oder in Berufen, in denen viel verlangt, aber trotzdem wenig verdient wird. Es werden auch viele Ostdeutsche profitieren, die oft besonders lange, aber zu niedrigen Löhnen gearbeitet haben. Die Verbesserungen werden auch den Rentnerinnen und Rentnern zugutekommen, die bereits eine Rente beziehen. Ihre oftmals langjährige Beitragszahlung gerade auch in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten hat wesentlich zur Finanzierung und Stabilisierung der gesetzlichen Rentenversicherung und zum Wohlstand in Deutschland beigetragen.

Wie berechnet sich die Grundrente?
Grundlage für die Berechnung des Zuschlags sind die Entgeltpunkte (EP), die aufgrund der Beiträge während des gesamten Versicherungslebens aus den „Grundrentenbewertungszeiten“ erworben wurden. Liegt der Durchschnittswert der Entgeltpunkte aus allen „Grundrentenbewertungszeiten“ über 30 und unter 80 Prozent des Durchschnittsverdienstes (entspricht jährlich zwischen 0,3 und 0,8 EP), wird für höchstens 35 Jahre ein Zuschlag zur Rente ermittelt. Die Rente wird dabei auf das Zweifache des EP-Durchschnittswertes hochgewertet, maximal jedoch auf 0,8 EP, und sodann wird der so ermittelte Wert um 12,5 Prozent gekürzt. So findet sich das Äquivalenzprinzip auch bei der Grundrente wieder. Ab dem ermittelten Durchschnittswert von 0,8 EP besteht kein Anspruch auf einen Zuschlag.

Drei Beispiele:

1. Bauingenieurin aus Leipzig (Bruch in Erwerbsbiographie):
Cathrin ist Bauingenieurin aus Leipzig. Sie hat bis zur Wende gut verdient. Dann jedoch ging die Firma insolvent und Cathrin war ein paar Jahre arbeitslos, bis sie als Angestellte in unterschiedlichen Bereichen wieder Arbeit fand – allerdings unterhalb ihrer Qualifikation. Mit dem Verdienst kam sie zwar einigermaßen zurecht, doch beläuft sich ihre Altersrente nur auf 746 Euro (brutto). Da sie (trotz der Arbeitslosigkeit) insgesamt auf über 35 Beitragsjahre in der gesetzlichen Rentenversicherung kommt, hat die Leipzigerin eine Gesamtrente in Höhe von 941 Euro.

Berechnung:
durchschnittlicher Verdienst =0,6 EP
Rente aus eigener Beitragszahlung: 39 Jahre x 0,6 EP x 31,89 € (aRW Ost ab 7/2019) = rd. 746 €
Grundrentenzuschlag: 35 x (0,2 EP – (0,2 EP x 12,5 %)) x 31,89 € (aRW Ost ab 7/2019) = rd. 195 €
Gesamtrente: 746 + 195 = 941 Euro (brutto)

2. Hilfsarbeiter (z.T. Teilzeit):
Andreas aus Duisburg hat keinen Schulabschluss. Er hat sein Leben lang als Hilfsarbeiter gearbeitet. Er hat zunächst 20 Jahre lang 38,5 Wochenstunden und später aus gesundheitlichen Gründen 15 Jahre lang 25 Wochenstunden auf Niveau des Mindestlohns gearbeitet. Heute bekommt er eine Rente von 463 Euro brutto. Bisher stockt er mit der Grundsicherung im Alter auf und muss lange Formulare ausfüllen. Mit der Grundrente muss er das nicht mehr. Seine geringen Ersparnisse muss er nun auch nicht mehr offenlegen. Mit der Grundrente bekommt er 868 Euro – also rund 405 Euro zusätzlich. Andreas verfügt noch über Mieteinnahmen von mtl. 300 Euro. Zusammen mit der Rente (brutto) liegt das zu versteuernde Einkommen (unter Hinzurechnung des steuerfrei gestellten Anteils der Rente) unter dem Freibetrag von 1.250 Euro. Somit findet keine Einkommensanrechnung auf den Grundrentenzuschlag statt.

Berechnung:
durchschnittlicher Verdienst =0,4 EP (für 35 Jahre Grundrentenbewertungszeiten)
Rente aus eigener Beitragszahlung: 35 Jahre x 0,4 EP x 33,05 € (aRW West ab 7/2019) = rd. 463 €
Grundrentenzuschlag: 35 x (0,4 EP – (0,4 EP x 12,5 %)) x 33,05 € (aRW West ab 7/2019) = rd. 405 €
Gesamtrente: 463 + 405 = 868 Euro (brutto)

3. Frisörin (Vollzeit):
Eine Friseurin, die 40 Jahre auf dem Niveau von 40 % des Durchschnittslohns voll gearbeitet hat, kommt derzeit auf eine monatliche Rente von 528,80 Euro. Mit der Grundrente bekommt sie über 400 Euro mehr und damit eine Monatsrente von 933,66 Euro.

Berechnung:
durchschnittlicher Verdienst =0,4 EP
Rente aus eigener Beitragszahlung: 40 Jahre x 0,4 EP x 33,05 € (aRW West ab 7/2019) = rd. 529 €
Grundrentenzuschlag: 35 x (0,4 EP – (0,4 EP x 12,5 %)) x 33,05 € (aRW West ab 7/2019) = rd. 405 €
Gesamtrente: 529 + 405 = 934 Euro (brutto)

Wie hoch ist der Einkommensfreibetrag?
Für die meisten Rentnerinnen und Rentner ist die Rente das einzige Alterseinkommen. Allerdings gibt es auch gut gestellte Rentnerinnen und Rentner, die daneben zum Beispiel eine Pension, Erträge betrieblicher oder privater Vorsorge, Mieteinnahmen oder sonstige Absicherungen haben. Die Grund-rente soll so zielgenau wie möglich ausgestaltet werden. Deshalb wird es einen Ein-kommensfreibetrag geben. Der Einkommensfreibetrag sichert, dass Einkommen bis zu 1250 Euro (Alleinlebende) 1950 Euro (Paare) nicht auf die Grundrente angerechnet werden. Der Freibetrag wird jährlich angepasst. Liegt das Einkommen über dem Einkommensfreibetrag, wird der darüber liegende Betrag abgeschmolzen − und zwar bürgerfreundlich und automatisiert durch einen einfachen Datenabgleich mit dem Finanzamt. Eine Vermögensprüfung, etwa des Wohneigentums, findet nicht statt. Die meisten Grundrentenbezieher erhalten die volle Grundrente.

Im Kampf gegen Altersarmut gibt es nicht das eine Patentrezept. Altersarmut hat unterschiedliche Ursachen und wir gehen sie daher auch mit einem abgestimmten Bündel von Maßnahmen an, wie z. B. Verbesserungen beim Wohngeld: Das Wohngeld wird alle zwei Jahre an die Bestandsmieten- und Einkommensentwicklung angepasst. So vermeiden wir, dass Rentnerinnen und Rentner durch Rentenerhöhungen unter Umständen ihren Anspruch auf Wohngeld verlieren. Ein zweiter wirksamer Schritt soll die Einführung eines Freibetrags beim Wohngeld sein, damit die Grundrente beim Wohngeld nicht voll als Einkommen angerechnet wird.

Das Vertrauen in die Rente ist wesentlich für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Jede und jeder Zweite in Deutschland macht sich Sorgen um seine Absicherung im Rentenalter. Die Grundlage für eine gute Rente legen anständige Löhne, deshalb setzen wir uns auch weiterhin für ordentliche Löhne ein, für einen höheren Mindestlohn, für eine starke Tarifbindung und mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Es ist aber auch Aufgabe der Solidargemeinschaft sicherzustellen, dass Arbeit sich lohnt und Menschen nach einem langen Arbeitsleben ein Auskommen haben, das ihre Leistung anerkennt. Wenn die Menschen dies spüren, stärkt dies auch den Zusammenhalt in Deutschland. Die Grundrente hat also für die ganze Gesellschaft einen hohen Wert, sie sollte uns darum auch etwas wert sein.