Kernpunkte des Koalitionsvertrags für eine soziale und gerechte Zukunft im Ruhrgebiet

Seit dem 14. März ist die neue Bundesregierung im Amt. Für uns 17 SPD-Bundestagsabgeordnete aus dem Ruhrgebiet steht fest: Jetzt müssen wir liefern! Wir haben immer betont, dass eine Regierungsbeteiligung für uns einzig und allein davon abhängt, was wir für die Menschen vor Ort erreichen können. Die Bekämpfung sozialer Ungleichheit bleibt unsere Hauptaufgabe. Der Koalitionsvertrag enthält eine Reihe von Maßnahmen für eine soziale und gerechte Zukunft im Ruhrgebiet. Wir werden insbesondere die folgenden Kernpunkte Stück für Stück umsetzen:

Sichere und fair entlohnte Arbeit für alle

Wir schaffen den sozialen Arbeitsmarkt für 150.000 Langzeitarbeitslose ohne andere Beschäftigungsperspektive. Im Ruhrgebiet stehen wir besonders vor dem Problem verfestigter Arbeitslosigkeit, d.h. Menschen finden trotz guter Konjunktur keinen Weg zurück in den ersten Arbeitsmarkt. Deshalb erwarten wir, dass mindestens 30.000 Personen im Ruhrgebiet an der neuen Förderung teilhaben.
Mittel- und Geringverdiener entlasten wir durch die Abschaffung des Solidaritätszuschlags, die Wiederherstellung der paritätischen Beitragszahlung in der Gesetzlichen Krankenversicherung und die Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung. Das Recht auf befristete Teilzeit, also ein Anspruch auf Rückkehr in die Vollzeitstelle, und auf Weiterbildungsberatung wird vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zugutekommen.

Auskömmliche Renten und bessere Pflege

Wir sichern die gesetzliche Rente auf dem Niveau von 48 Prozent bis 2025 und führen im Rahmen einer Rentenkommission „Verlässlicher Generationenvertrag“ eine doppelte Haltelinie ein. Wer 35 Jahre gearbeitet, Kinder erzogen oder Verwandte gepflegt hat, aber dennoch keine auskömmliche Alterssicherung bezieht, erhält zukünftig eine Grundrente, die 10 Prozent über dem eigenen Grundsicherungsbedarf liegt. Dies gilt nicht nur für zukünftige Rentnerinnen und Rentner, sondern auch für alle, die sich jetzt bereits im Ruhestand befinden.
Über ein Sofortprogramm Pflege entstehen 8.000 neue Fachkraftstellen in Pflegeeinrichtungen. Die Situation in den Pflegeberufen wird u.a. durch eine Ausbildungsoffensive, Weiterqualifizierungen und Gesundheitsprogramme sowie flächendeckende Tarifverträge in der Altenpflege verbessert.

Handlungsfähige Kommunen

Die Unterstützung der Kommunen bleibt zentrales Thema unserer Arbeit. Der Koalitionsvertrag schreibt fest, dass den Kommunen keine weiteren Ausgabenlasten aufgebürdet werden. Es gilt im Verhältnis Bund-Kommune das Prinzip „Wer bestellt, bezahlt.“ So schützen wir finanzschwache Kommunen davor, durch steigende Kosten in eine Verschuldungsspirale zu fallen. Die Konsolidierungserfolge der Ruhrgebietsstädte dürfen nicht durch steigende Ausgaben an anderer Stelle zunichte gemacht werden.

Bei der Integration von Geflüchteten lassen wir die Städte und Gemeinden nicht alleine, sondern führen die Bundesbeteiligung an den Integrationskosten fort (8 Mrd. Euro). Außerdem unterstützen wir sie beim Ausbau und der Qualitätssteigerung von Kinderbetreuungseinrichtungen (3,5 Mrd. Euro). Damit der Bund Kommunen bei der Bildung unterstützen kann, schaffen wir das Kooperationsverbot ab, starten eine Digitalisierungsoffensive in Schulen (5 Mrd. Euro) und investieren massiv in den Ausbau von Ganztagsbetreuung an Grundschulen (2 Mrd. Euro).

Für das Ruhrgebiet besonders bedeutsam sind die Weiterführung der Strukturförderung von Bund und Europäischer Union sowie die Lösung der Altschuldenproblematik. Der Koalitionsvertrag sieht ein gesamtdeutsches Fördersystem für strukturschwache Regionen ab 2020 vor, das innovative Entwicklungen anstoßen und damit Wachstum und Arbeit ermöglichen soll. Trotz Mindereinnahmen durch den Brexit müssen auch die EU-Kohäsionsmittel in der nächsten Förderperiode ab 2021 weiter ins Ruhrgebiet fließen. Das Problem der Altschulden wird im Rahmen der Kommission „Gleichwertige Lebens-verhältnisse“ beraten – ein erster wichtiger Schritt, um hier endlich voranzukommen.

Kinderarmut verhindern – Chancengerechtigkeit herstellen

Qualitätsverbesserungen in Kitas und ein Anspruch auf Ganztagsbetreuung in Grundschulen sorgen für Chancengerechtigkeit von Anfang an. Familien werden durch die Erhöhung des Kindergelds bzw. des Kinderfreibetrags jährlich 300 Euro mehr pro Kind zur Verfügung haben. Zur Entlastung einkommensschwacher Familien wird außerdem der Kinderzuschlag erhöht und das Bildungs- und Teilhabepaket verbessert. Insgesamt sind für Maßnahmen zur Bekämpfung von Kinderarmut eine Milliarde Euro in der Legislaturperiode vorgesehen.

Gute Lebensqualität für alle

Das direkte Lebensumfeld der Menschen prägt die Lebensqualität. Wir investieren so viel wie noch nie in den Erhalt, Aus- und Neubau von Verkehrswegen (13,4 Mrd. Euro), fördern große Infrastrukturmaßnahmen im Schienenverkehr (1 Mrd. Euro p.a.) und schnüren ein Maßnahmenbündel zur Vermeidung von Fahrverboten in den Städten. Für bezahlbaren Wohnraum sorgen die weitere Förderung des sozialen Wohnungsbaus und die steuerliche Förderung von Wohneigentum für Familien (jeweils 2 Mrd. Euro) sowie die Begrenzung der Modernisierungsumlage und die Verschärfung der Mietpreisbremse. Die Städtebauförderung wird zusammen mit dem Investitionspakt „Soziale Integration im Quartier“ mindestens auf dem erreichten Niveau von einer Milliarde Euro fortgeführt. Und schließlich schaffen wir zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit 17.000 zusätzliche Stellen bei der Justiz und in den Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern.

Wissen schafft Zukunft – Arbeiten konnten wir schon immer, jetzt wollen wir‘s wissen!

Die SPD ist und bleibt die Partei des gesellschaftlichen Fortschritts. Der Willy Brandt‘schen Zielsetzung „Aufstieg durch Bildung“ haben wir seit 1998 neuen Schub gegeben. Das Ruhrgebiet hat sich zu einem herausragenden Wissenschaftsstandort mit 5 Universitäten, 17 Fachhochschulen und mehr als 270.000 Studierenden und Tausenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an den Instituten der Max-Planck-Gesellschaft, der Fraunhofer-Gesellschaft und der Leibniz-Gemeinschaft entwickelt. Mit sozialdemokratischen Initiativen stärken wir den Forschungs- und Hochschulstandort Ruhrgebiet: Mit dem Hochschulpakt werden die Hochschulen bei den steigenden Studierendenzahlen unterstützt. Bildung darf nicht abhängig vom Geldbeutel der Eltern sein, deswegen stellen wir eine Milliarde Euro für eine Modernisierung und Erhöhung des BAföG bereit. Durch die Fortsetzung des SPD-Paktes für Forschung und Innovation (PFI) mit einem jährlichen Aufwuchs von mindestens drei Prozent stärken wir Spitzeninstitute z. B. der Energie- und medizinisch-biologischen Forschung. Die zahlreichen gut aufgestellten Fachhochschulen unterstützen wir in ihrer großen fachlichen und regionalen Bedeutung durch Förderung angewandter Forschung.

Was wir noch tun müssen:

Der Koalitionsvertrag bietet die Möglichkeit, ganz konkrete Fortschritte für die Menschen im Ruhrgebiet zu erreichen. Ihn akribisch abzuarbeiten, reicht uns aber nicht. Als Ruhrgebietsabgeordnete werden wir uns entschieden in die Diskussionen zur Weiterentwicklung des Sozialstaats und zur Zukunft der Arbeitsgesellschaft einbringen. Unser Anliegen bleibt die Stärkung der Tarifbindung und eine deutliche Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro. Wir brauchen eine Stärkung der umlagefinanzierten Rente und perspektivisch eine Anhebung des Rentenniveaus auf mindestens 50 Prozent. Das Sofortprogramm Pflege ist gut und richtig, aber bei Weitem nicht ausreichend angesichts des jetzt schon bestehenden Mangels an Pflegekräften. Kinderarmut muss noch entschiedener bekämpft und die Regelsätze für Kinder müssen deutlich angehoben werden. Unsere Anstrengungen für bezahlbares Wohnen müssen erheblich verstärkt werden, z.B. durch die flächendeckende Einführung der Mietpreisbremse und die massive Stärkung kommunaler Wohnungsunternehmen. Diese und weitere Fragen bleiben auf unserer Agenda.